Eine gemeinsame Ursache der europäischen Krisen

Betrachtet man einmal das „große Ganze“, also die Welt, wie sie sich seit einigen Jahren darstellt, so kommt man zu einer erschreckenden Bilanz. Zahllose Bürgerkriege im Nahen Osten und in Afrika, ein sich ausbreitender Islamismus, Terroranschläge, der drohende EU-Austritt von Großbritannien, die Griechenland- und Euro-Krise, der anhaltende Konflikt in der Ukraine, die angespannte Beziehung zu Russland, die Flüchtlingskrise mit ihren unabsehbaren Folgen, der Aufstieg von „rechtspopulistischen“ Parteien in Europa, der autoritäre Kurs von Erdogan, extrem hohe Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa, die Darstellung der eigenen Politik als „alternativlos“ und so weiter. Das ist der reine Horror ohne Unterlass. Es würde schon einmal helfen, wenn man die derzeitige Situation realistisch einschätzt. Wer verspürt derzeit keine existentielle Angst? Und wird dieses Gefühl vielleicht instrumentalisiert?

Fehlende Lösungsansätze

Es existieren überdies fast keine relevanten Lösungsansätze, eher eskalieren die Konflikte immer weiter. Alle diese Krisen hängen voneinander ab, sind miteinander verwoben, besitzen starke Wechselwirkungen aufeinander. Man kann also mithin feststellen: der Westen steht einer Vielzahl an äußerst ernsten Konflikten gegenüber, die sich immer weiter aufheizen, unlösbar scheinen und die miteinander in Verbindung stehen (zum Beispiel die Bürgerkriege und die Flüchtlingskrise). Ich denke, das ist ziemlich unstrittig.

Was aber bedeutet das alles? Was wäre die Quintessenz, die man aus hieraus ziehen könnte und sollte? Ich habe leider keine eindeutige Antwort auf diese Fragen… Aber es müssen derzeit ja relativ machtvolle „Antagonismen“ wirken, um diese Menge an schweren Krisen zu verursachen und am Leben zu halten. Auch der Papst sprach unlängst von einem Dritten Weltkrieg, bei dem der Anschlag in Paris vom 13. November 2015 nur ein Mosaikstein des Gesamtbildes darstellt.

Der neue Dritte Weltkrieg

Möglicherweise ist die Gesamtheit der Konflikte eine Folge der globalen Auseinandersetzung zwischen Russland und dem Iran auf der einen Seite und den USA mit Saudi-Arabien auf der anderen Seite. Der Streit der beiden Weltmächte nahm spätestens im Frühjahr 2014 in der Ukraine seinen Anfang. Jeder kann sich noch an den Sturz von Janukowytsch und die darauf folgende Besetzung der Krim lebhaft erinnern. Die Welt hielt den Atem an. Auch der rasante Aufstieg vom „Islamischen Staat“ (bzw. von ISIS) ging bekanntlich im Sommer 2014 mit der Einnahme von Mossul und Tikrit über die Bühne (die irakische Armee war desertiert).

Beide Seiten betreiben konsequent eine klassische Machtpolitik, die in früheren Zeiten zu einem Weltkrieg geführt haben könnte und von der die europäische Elite annahm, sie gehöre der Geschichte an. Deswegen gab es auf die (überraschenden) Entwicklungen auch keine eigene Strategie, auf die man sich hätte verlassen können. Europa muss sich wandeln, um den Herausforderungen Stand halten zu können.

Europa zwischen den Stühlen

Diese ganzen Konflikte wären also „Schockwellen“ eines Kampfes, der zumindest in Europa nicht mehr wie ein „traditioneller Krieg“ geführt wird, sondern bei denen gezielt Länder bzw. Organisationen destabilisiert oder gesellschaftlich gespalten werden. Auch die Medien oder Wirtschaftspolitik spielen dabei eine nicht zu unterschätzende Rolle, so schadet beispielsweise der niedrige Ölpreis vor allem Russland (aber auch dem Iran).

Europa ist zur Zeit strukturell zu schwach, um eine eigenständige Politik zwischen den Blöcken betreiben zu können. Das ist ein offenes Geheimnis. Es existiert sowieso längst keine Einigkeit mehr zwischen den 28 EU-Mitgliedern. Wahrscheinlich wird die Europäische Union sogar langfristig zerbrechen, was auch ein Ziel der von außen wie von innen wirkenden Kräfte sein dürfte. Dass es in dieser Gemengelage auch noch in Deutschland vermehrt zu einer ungenauen bzw. schlicht falschen Berichterstattung kommt, lässt einen leider nichts Gutes erahnen. Der Krieg findet leider auch in den Medien statt.

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